Page 21 - uftpost Ausgabe 09 2022-11
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Nachdem die technischen Regeln zur Regenwasserbehandlung im Trenn-
system viele Jahre hindurch eher wenig konsistent waren, versucht hier
das neue DWA-/BWK-Arbeitsblatt A 102-2 einen neuen und konsequenten
Ansatz. Zunächst geht es darum, welche Stoffe überhaupt zur Belastung
beitragen und deshalb vom Gewässer fernzuhalten sind. Waren diese früher,
etwa im DWA-Merkblatt M 153, überhaupt nicht definiert, so werden
Großes Regenklärbecken mit Kreuzstrom-Schrägklärern nun die sehr feinen Sedimente mit Korngrößen kleiner als 63 µm, also
zur Steigerung der Sedimentationsleistung die so genannten Abfiltrierbaren Stoffe AFS63, als die „Schuldigen“
festgemacht. An derart feinem Material lagern sich viele Schadstoffe wie
Schwermetalle bevorzugt an, und – so das Kalkül – wenn man die AFS63
aus dem Regenabfluss herausholt, erwischt man auch die Schadstoffe. Die
gröberen Sedimentfraktionen werden formal gar nicht angesprochen.
Es ist allerdings so, dass Anlagen, die AFS63 entfernen können, automatisch
auch gröbere Fraktionen herausholen.
AFS63: Ganz feines Sediment
Auf welche Weise die AFS63 zu entfernen sind, gibt A 102-2 nicht vor. Es
definiert also keine anzuwendenden Standard-Behandlungsanlagen. Das
Arbeitsblatt fordert (bzw. gestattet es) aber, verschiedene Effekte rechnerisch
zu berücksichtigen:
Speicherung – bei Regen füllt sich z. B. ein Regenklärbecken. Dessen Volumen (mit den darin suspendierten AFS63)
wird nach dem Regen meist zu einer Kläranlage entleert und dort gereinigt. Oder man lässt den Beckeninhalt
einige Stunden abstehen, dekantiert das Klarwasser z. B. durch Öffnen eines Schiebers ins Gewässer und pumpt nur
die abgesetzten Sedimente zur Kläranlage. In beiden Fällen ergibt das übers Jahr betrachtet eine beträchtliche
AFS63-Fracht, die im Klärschlamm landet und somit nicht ins Gewässer gelangt.
Sedimentation – in einem Regenklärbecken oder z. B. auch in einem Schrägklärer setzen sich bei hinreichend
langsamem Durchströmen auch die AFS63 ab und nur das so mechanisch gereinigte Regenwasser wird ins Gewässer
geleitet. Die AFS63 werden hingegen nach dem Regen als Schlamm entsorgt.
Filtration – beispielsweise in einem Bodenfilter werden AFS63 auf dem Filterkörper zurückgehalten und verbleiben
in der Regel dort, gelangen also ebenfalls nicht ins Gewässer.
A 102-2 geht dann so vor, dass zunächst den an das Trennsystem ange-
schlossenen Oberflächen Verschmutzungspotenziale in Form rechnerischer
Stoffabträge in kg/(ha·a) zugeordnet werden. Eine mäßig stark verschmutzte
Oberfläche, etwa eine Hof- und Verkehrsfläche in Misch-, Gewerbe- und
Industriegebieten mit geringem Kfz-Verkehr (DTV ≤ 2000), hätte z. B. im Mittel
530 kg/(ha·a) AFS63 Stoffabtrag, d. h. pro Jahr würde von 1 ha einer solchen
Fläche 530 kg AFS63 vom Regen abgespült und ohne Regenwasserbehandlung
ins Gewässer gelangen. Pragmatisch wird nun eine gering verschmutzte
Fläche (etwa Dächer in Wohngebieten ohne metallische Eindeckungen) mit
280 kg/(ha·a) angegeben, und das Kernkriterium des A 102-2 ist es nun,
dass dies auch die zulässige Immission ins Gewässer ist.
u f t p ost 21 nov2022·09